Good to know
4 Männer, 3 Maschinen & eine unberechenbare Passstraße: Die Schneeräumer vom Timmelsjoch
Alljährlich Mitte April rückt die Mannschaft um Robert Pixner mit schwerem Gerät aus, um die Timmelsjoch Hochalpenstraße auf österreichischer Seite von den Schneemassen der Wintermonate zu befreien. Ich habe mich Anfang Mai auf Lokalaugenschein auf fast 2.400 Meter begeben, um mehr über die Arbeit der Schneeräumer vom Timmelsjoch zu erfahren.
„Das richtige Timmels-Wetter“
Mit den Worten „Das ist das richtige Timmels-Wetter, das gehört so, das ist nicht anders“ begrüßt mich Robert. Seit 2001 ist Robert, ursprünglich aus dem Südtiroler Passeiertal, aber seit mehr als 20 Jahren der Liebe wegen im Ötztal, Straßenmeister am Timmelsjoch. Zusammen mit Thomas, Rudi und seinem Namensvetter Robert bildet er den Schneeräumungstrupp.
Heuer hat die Mannschaft am 18. April mit der Schneeräumung begonnen. Dabei hat jedes Teammitglied seine eigene Aufgabe: Während Robert Pixner, Thomas und Rudi hinter den Steuern der unterschiedlichen Schneeräumfahrzeuge sitzen, geht Robert mit Schneeschuhen voraus, um vor allem bei schlechter Sicht (wie heute) Orientierungshilfe zu leisten und den Straßenverlauf zu skizzieren.
Der Schneeräumungstrupp vom Timmelsjoch
© Benedikt Steiner / Ötztal Tourismus
Leichter gesagt als getan, denn die einzige Orientierungshilfe, um den Straßenverlauf nachzuvollziehen, bilden die im Herbst talseitig aufgestellten Schneestangen. Diese sind, je nach Standort, zwischen 4 und 8 Metern hoch. Es kann jedoch passieren, dass diese Schneestangen nach den Wintermonaten fehlen, da sie Opfer einer Lawine wurden – und dann wird es schwer, den Straßenverlauf korrekt vorauszusehen.
Die Raupenfräse, Baujahr 1974, bahnt sich ihren Weg
© Benedikt Steiner / Ötztal Tourismus
Alt, aber gut!
Auf einer Straßenlänge von 8 Kilometern muss eine Straßenbreite zwischen 6 und 7 Metern freigefräst werden – zum Zeitpunkt meines Besuchs hat der Trupp noch ca. 1,5 Kilometer vor sich. 3 Fahrzeuge bzw. Maschinen stehen dabei im Einsatz: Den Anfang macht die Raupenfräse.
Diese steht auf einem Kettenlaufwerk (wie etwa ein Pistenbully) und ermöglicht deshalb eine problemlose Fortbewegung auf Schnee. So arbeitet sich diese Raupenfräse schichtweise immer tiefer in Richtung Asphalt, um die zwei Spuren freizumachen. Die herausgefrästen Schneewände erreichen dabei eine Höhe von bis zu 10 Metern, an manchen Stellen sogar eine Höhe von 15 Metern!
Unterstützung bekommt die Raupenfräse dabei von zwei weiteren Fräsen, die sich auf Rädern fortbewegen: Der umgebaute Unimog, Baujahr 1974, ist dabei ein echtes Unikat: Ein zusätzlich eingebauter Motor treibt die vorne am Fahrzeug befestige Trommel an, während der herkömmliche Motor für den Antrieb des Unimogs sorgt. Auch nach über 40 Jahren verrichtet der Unimog noch bestens seinen Dienst – wie auch die Raupenfräse, die nur unwesentlich jünger ist!
Weit weniger Jahre auf dem Buckel hat das 3. Fräsfahrzeug, in Gestalt eines 14 Tonnen schweren und 400 PS starken Radladers. Auch dieses Fahrzeug ist eine Spezialanfertigung und mit einer Saugfräse ausgestattet. Der aufgebaute „Wechsler“ ermöglicht es aber, etwa auch einen Kehrbesen anstelle der Fräse zu montieren und das Fahrzeug so auch im Sommer einzusetzen. Im Zusammenspiel arbeiten sich so alle 3 Fräsfahrzeuge bis kurz vor den Asphalt vor. Eine zentimeterdicke Eisschicht bleibt über dem Asphalt bestehen – diese taut bei Sonnenschein dann aber relativ rasch auf.
Das Wetter als Taktgeber
Gefragt nach den größten Herausforderungen bei ihrer Arbeit, spricht Robert einerseits die Straßenkehren an. Diese sind etwas schwieriger zu fräsen – auch deshalb, weil die Fräsfahrzeuge selbst einfach nicht so leicht zu steuern sind. Herausfordernd wird es auch dann, wenn die im Herbst aufgestellten Schneestangen im Frühjahr nicht mehr auffindbar sind.
Vor allem aber spricht Robert das unberechenbare Wetter am Timmelsjoch an, welches im Prinzip den Takt für ihre Arbeit vorgibt. Das war auch heuer nicht anders: Vor allem der Wintereinbruch Ende April mit Neuschneemengen von 1,10 Metern am Timmelsjoch führte dazu, dass bereits geräumte Straßenabschnitte erneut vom Schnee befreit werden mussten. So kann die Schneeräumung schon mal zur Sisyphusarbeit werden.
Das Wetter gibt den Takt vor
© Benedikt Steiner / Ötztal Tourismus
In diesem Zusammenhang erinnert sich Robert an ein besonders intensives Jahr zurück: Während der damaligen Schneeräumung machte es über 2 Meter Neuschnee und der Trupp begann fünf Mal von neuem an der Mautstation. Auch die Lawinengefahr muss im Blick behalten werden. Speziell bei Regen kann sich die Situation am Timmelsjoch in kürzester Zeit ändern und der Schneeräumungstrupp muss aus Sicherheitsgründen die Passstraße verlassen. Schlechte Sicht bzw. Nebel tun ihr übriges. „Das Wetter macht halt viel aus“, bringt es Robert trocken auf den Punkt.
Das Tor zum Süden öffnet Ende Mai seine Pforten
Blick talauswärts vom „Timmeltol“ © Benedikt Steiner / Ötztal Tourismus
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